© © Astrid Ackermann / Musikfest Berlin

A House of Call. My Imaginary Notebook

Zyklus für Ensemble Modern Orchestra von Heiner Goebbels

Bereits im Programm seiner Gründungstournee 1998 hatte das Ensemble Modern Orchestra ein Orchesterwerk von Heiner Goebbels im Programm. Nun schreibt der Komponist und Regisseur auf Initiative des Musikfest Berlin und des Ensemble Modern zum Beethoven-Jahr 2020 einen neuen Zyklus für den Frankfurter Klangkörper. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die ursprünglich für den Herbst geplante Uraufführung beim Musikfest Berlin und die anschließende Tournee auf 2021 verschoben werden. Die Uraufführung ist nun für August 2021 geplant.

›A House of Call. My Imaginary Notebook‹ ist ein vierteiliger Zyklus mit Kompositionen, in denen das Ensemble Modern Orchestra auf Stimmen reagieren wird, die Heiner Goebbels in einem imaginären Notizbuch bewahrt hat; Stimmen, auf die er bei Projekten, Reisen, Begegnungen oder in Archiven – manchmal auch zufällig – gestoßen ist und die jetzt mit ihren eigenen Klängen und Sprachen wiederkehren und ‚den Ton angeben‘: Dialoge, Beschwörungen, Gebete, Anrufungen, Aufrufe, Sprechakte oder Lieder. Es sind unverwechselbare, ‚eigentümliche‘ Stimmen, die jetzt, meist zum ersten Mal, auf einer Konzertbühne zu Wort kommen. Die Musikerinnen und Musiker des Orchesters antworten darauf, individuell oder kollektiv, wie der Chor in einem ‚Responsorium‘: sie kommentieren, unterbrechen, unterstützen und widersprechen.

„a prolonged visit to a house of call“ – die Zeile findet sich bei James Joyce in FINNEGANS WAKE, auf Seite 41, unweit des onomatopoetischen ‚roaratorio‘, das dem Hörstück von John Cage den Namen geben sollte. Ein Hörstück, das mich nachhaltig geprägt hat, weil sich John Cage inmitten eines Stroms vieler Stimmen, Mesostichon für Mesostichon, durch die 628 Seiten des Romans liest – wie ein ‚gesungenes Schreiben der Sprache‘. So hat Roland Barthes die Rauheit (Körnung) der Stimme beschrieben und diese Rauheit – le grain de la voix – macht das Gemeinsame der Stimmen aus, die sich in meinem imaginären Notizbuch eingefunden haben. (Heiner Goebbels, 2020)

In vielen der Arbeiten von Heiner Goebbels spielt die Anziehung abwesender, akusmatischer Stimmen eine wichtige Rolle; ob 1981 auf seiner ersten Single ›Berlin Kudamm 12.4.81‹ (1981), in der ›Chaconne / Kantorloops‹ aus ›Surrogate Cities‹ (1994), in der Performance ›Stifters Dinge‹ (2007), der Klang-Installation ›Genko-An‹ (2008ff.) oder in seinen Hörstücken. In ›A House of Call‹ werden die Stimmen zum ersten Mal zu Protagonisten eines ganzen Konzertes.

›A House of Call‹ ist ein Lebenstagebuch, das die akustische Welt des Heiner Goebbels vollkommen vermisst.Süddeutsche Zeitung, Reinhard J. Brembeck
Musikalisch misst ›A House of Call‹ die gesamte Spannweite dessen aus, worauf sich Goebbels jemals eingelassen hat.Der Tagesspiegel, Gregor Dotzauer
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Heiner Goebbels: A House of Call. My Imaginary Notebook (Trailer)